Projekt 11

Der Fiat Grande Punto 1.4 8V Dynamic
Wissenswertes

Projektdaten

Projektstart: 23.11.2020
Übergabe des Autos: 13.04.2021
Marke: Fiat Grande Punto 1.4 8V Dynamic (Kompaktlimousine, 3 Türen)
Motor: 1.4 Liter Motor mit 57 kW (78 PS)
Fahrleistungen: 0 auf 100 in 13,2 Sekunden, 165 km/h Spitze
Verbrauch/Tankvolumen/Reichweite: ca. 6,1 Liter auf 100 km/ 45 Liter/737 km
Farbe: blue magico
Kilometerstand: ca. 38.000 km
Erstzulassung: 31.08.2009
Bisherige Investitionskosten: 1.700 Euro

Ausstattung:
Unser Fiat Grande Punto verfügt über zwei Airbags, ABS, Audiosystem Highclass, elektrische Außenspiegel, Bluetooth, Bordcomputer, Fensterheber, Klimaanlage, Zentralverriegelung mit Fernbedienung sowie Metallic-Lackierung. Ehemaliger Neupreis (2009): 14.499,82 Euro

Pininfarina hat dieses tolle Auto einst gezeichnet.

Werdegang
Wir haben dieses Auto am 23.11.2020 von der warmherzigen Femke und ihren Eltern aus Trier gespendet bekommen. Femke meldete sich aufgrund des Fernsehauftritts bei RTL Life und war sehr angetan von unserer Arbeit. Ob wir uns vorstellen könnten, einen gestrandeten Fiat Grande Punto zu retten, war ihre bange Frage. Wir konnten.


Der traurige Hintergrund: Femkes Onkel hatte sich den blauen Italiener im Herbst 2009 als Neuwagen bei einem Trierer Fiat-Händler gekauft. Femke war zu diesem Zeitpunkt noch ein junges Mädchen, doch erinnert sie sich gern daran zurück, wie stolz der Onkel stets mit seinem Grande Punto vorfuhr. Er betrieb eine kleine, traditionelle Schreinerei im Herzen von Tier und war in den engen Gassen der einst römischen Stadt mit dem Kompaktwagen wieselflink unterwegs.


Doch dann starb der Onkel überraschend nach kurzer, schwerer Krankheit im Jahr 2014. Von da an stand der Fiat in der feuchten Einfahrt zwischen Schreinerei und dem angrenzenden Nachbarhaus. 6 lange Jahre vergingen, ohne dass das Auto bewegt wurde.


Natürlich fragten Femke und ihre Eltern in dieser Zeit im gesamten Bekanntenkreis nach, ob nicht vielleicht jemand Interesse an diesem Auto hätte. Auch der Fiathändler, der dem Onkel den Wagen 10 Jahre zuvor verkauft hatte, winkte dankend ab. Allein diese Hintergründe von Femke zu hören, fanden wir unglaublich und deshalb war es für uns Ehrensache, diesem Auto ein zweites Leben in liebenden Händen zu verschaffen. Solche scheinbar „hoffnungsvollen Fälle“ zu retten – nicht nur im Sinne der traurigen Hintergrundgeschichte sondern auch aus der Perspektive, dass dieses Auto einmal mit Liebe designt, produziert und für fast 15.000 Euro neu in einem Verkaufsraum in Trier stand – so etwas bewegt und begeistert uns und deshalb gehen wir bei car4twenty e.V. auch jeden Tag mit großem Enthusiasmus die berühmte Extrameile. Dem verstorbenen Onkel hätte das sicher gefallen und wir stellen uns vor, wie er seinen geliebten und mittlerweile reaktivierten Fiat milde aus dem Himmel anlächelt.


Mittlerweile war die einst gutgehende Schreinerei geschlossen und der Fiat musste nun dringend aus der Einfahrt entfernt werden. Ein glücklicher Umstand also, dass es car4twenty e.V. gibt und Femke und ihre Eltern das Fernsehen auf dem richtigen Kanal zur richtigen Zeit eingestellt hatten.


Also Überführung aus Trier! Dieses Mal brauchten wir „schweres Gerät“ und vor allem ein Zugfahrzeug. Hajos und Utes BMW hatte zu dem Zeitpunkt noch keine Anhängerkupplung und wir brauchten einen entsprechenden PKW-Anhänger, um den „toten Fiat“ von Tier nach Köln in die Werkstatt zu bekommen. Das stark wachsende Kontaktnetzwerk von car4twenty führte uns zu Jakub in Düren – er vermietete uns seinen doppelachsigen Hapert TA aus 2012; ein riesiger PKW-Anhänger mit einem Eigengewicht von über 600 Kilo und Handkurbel, um „tote Fahrzeuge“ manuell auf den Hänger zu laden. Fehlte uns noch das passende Zugfahrzeug. Stefan, ein neuer, lieber Freund aus dem heimischen Baesweiler, hatte zu diesem Zeitpunkt ein paar Tage Urlaub und war sofort Feuer und Flamme für diese besondere Rettungsaktion. Sein Audi Q3 sollte die Zugarbeit an diesem bedeckten Novembertag perfekt ableisten.


Nach 2,5 Stunden Autobahnfahrt über Belgien, Bitburg nach Trier standen wir vor dem blauen Italiener. Unser erster Eindruck? Einerseits begeistert vom bemerkenswerten Gesamtzustand des Autos, andererseits aber auch mit Unverständnis, dass niemand auch nur das geringste Interesse an einer Revitalisierung der 77 flotten PS hatte. Die Bremsen fest. Die Reifen ohne Luft. Der Innenraum voller Sägespäne. Gab es überhaupt einen Haken, an dem wir den Fiat befestigen konnten?


Also, in die Hände gespuckt und ran an den Speck. Wir rüttelten den Fiat nach vorn und hinten und bekamen die Bremsen frei. Raus aus der Einfahrt und hinter den Hänger platziert – ein Kraftakt ohne Servolenkung. Wo war der Haken? Aha, im Kofferraum. Der ließ sich jedoch nicht öffnen, da die Batterie tiefenentladen war. Also kroch Stefan über die Hintersitze zur manuellen Entriegelung der Heckklappe. Plopp – die hintere Lade schwenkte nach oben – der Abschlepphaken befestigt und auf den Hänger gekurbelt.


Stefan und Hajo waren ultimativ stolz auf ihre geleistete Arbeit. Und so unglaublich neugierig, ob der Fiat mit etwas „Saft“ wieder anspringen würde; vor allem, wie viele Kilometer der Fiat auf der Uhr hatte. Femke wusste es nicht, ihre Eltern auch nicht. Unter 100.000 Kilometer? Auf jeden Fall, eher 70.000 meinten sie. Also ging es sofort nach Köln in die Werkstatt. Die platten Reifen aufgepumpt und der Fiat rollte eigenständig vom Hänger. Nun schlossen wir Strom an und waren gespannt wie zwei Flitzebogen. Schlüssel auf Stufe 1 – sämtliche Lampen im Armaturenbrett leuchteten auf. Tank noch halb voll. Motoröl? War noch drin. Also erster Startversuch.
Mit einem jubelnden „Finalmente!“ sprang das Fahrzeug aus Turin sofort an. FIAT – Fehlerhaft in allen Teilen? Das war einmal. Fiat baut inzwischen tolle Fahrzeuge, die nach 6 Jahren Dornröschenschlaf einwandfrei anspringen. Keine Motorkontrollleuchte, kein defektes Licht – und … ein Kilometerstand von exakt 38.454 Kilometern. Das war ein perfektes c4t-Auto. Was für eine Qualität steckt mittlerweile in Fiat!? Und wir im c4t-Team waren schockverliebt, malten uns schon die ersten Probefahrten mit unserem bekannten CT-Kennzeichen aus.


Doch die Zusammenarbeit mit der Werkstatt in Köln endete Ende November auf unglückliche Weise. Man könnte gehässig sagen, dass wir uns nach 2 Jahren intensiver Zusammenarbeit überworfen hatten, doch in jeder Beziehung – privat oder geschäftlich – gibt es diesen einen Punkt, an dem man richtigerweise fühlt, wann es Zeit ist, getrennte Wege zu gehen. Anfang Dezember holten wir den Fiat aus Köln ab, unrepariert, und stellten ihn in fußläufiger Entfernung zum c4t-Headquarter in Baesweiler ab.


Wir wussten, dass der Fiat ein teures Projekt wird, denn nach 6 Jahren stand im Prinzip eine Rundumerneuerung auf der To-Do-Liste: neue Batterie, neuer Zahnriemen, alle Filter, alle Flüssigkeiten, neue Reifen, neue Bremsen und weitere Kleinigkeiten. Alles in allem waren ca. 1.600 Euro aufzuwenden. Anfang März schließlich hatten wir das Reparaturkapital zusammen und gaben den Fiat zu unserer neuen Werkstatt Horbach nach Aachen. 1 Woche später konnten wir das Fahrzeug technisch frisch erstarkt und mit neuem TÜV auf uns zulassen.


Erste längere Probefahrt! Stadt, Land, Autobahn – gemächlich, denn der Motor hatte schließlich 6 Jahre gestanden und Kolben, Nockenwelle und Zylinder mussten sich wieder an Bewegung gewöhnen. Nach 1.000 Kilometern noch mal das frische Öl gewechselt – sicher ist sicher.


Am 13. April übergaben wir den Fiat im Rahmen unseres Leihmodells zu Helga nach Lörrach an die Schweizer Grenze. Sie war arbeitslos ohne Auto, hätte aber mit neuer Mobilität sicher eine neue berufliche Perspektive im Speckgürtel des Dreiländerecks gefunden, so sagte sie uns im Bewerbungsvideo.


Doch die Zusammenarbeit mit Helga gestaltete sich leider Beginn an nicht in unserem Sinne. Ging vor Übergabe des Autos noch eine große Zugewandtheit von ihr aus, gab es nach dem 13.04.2021 wochenlang keine Kommunikation mit ihr. Kein Update, keine Erfahrungsberichte, keine Mitgliedschaft, keine freiwillige Beteiligung an den Kosten. Auf mehrmalige Nachfrage bot sie uns schließlich 5 Euro an. Nach fünf Monaten mussten wir im Sinne unserer unterstützenden Vereinsmitglieder und vieler neuer Bedarfsanfragen den Leihvertrag abbrechen.


Nach überstandener Krebserkrankung gaben wir den Fiat am 25.09.2021 an die alleinerziehende Angela in die Nähe von Hannover weiter. Mit ihr haben wir endlich die perfekte Empfängerin für den Fiat gefunden und sind immer wieder von neuem berührt, wie viel Positives sich in ihrem Leben verändert hat, seit sie den Fiat von uns hat.


Ein gleichwertiges Auto mit ähnlicher Ausstattung, Alter und Laufleistung würden wir als Sachspende mit einer Spendenquittung bis zu 2.000 Euro goutieren. Eine Mikrofinanzierung über 12, 15 oder 18 Monate hätte ein Volumen von ca. 3.000 bis 3.200 Euro!